Revenue Management widerlegt einen weit verbreiteten Irrglauben im Handwerk
Man könne den Gewinn beziehungsweise die Ertragssituation im Betrieb kaum steuern. Gerade jetzt, in diesen disruptiven Zeiten, ist es jedoch absolut notwendig, Ihre Gewinne und Erträge aktiv zu managen, um nicht in eine Krisensituation hineinzurutschen.
Die große Angst vor Preiserhöhungen
In meinen Beratungsgesprächen mit Handwerkern höre ich jedoch oft: „Um meine Gewinne und Erträge zu steuern, muss ich meine Preise erhöhen. Das kriege ich im Markt nicht durch.“ Die Furcht, dann keine Aufträge mehr zu erhalten oder Stammkunden zu verlieren, ist groß. Die Lösung:
Ihren Gewinn vorab planen
Die theoretische Planung Ihres Gewinns/Ertrags ist einfach. So geht’s:
- Ermitteln Sie zunächst Ihre Gesamtkosten für Ihren Planungszeitraum – vorzugsweise aufs Jahr gesehen.
- Legen Sie dann den Gewinn beziehungsweise Ertrag fest, den Sie mit Ihrem Handwerksbetrieb in diesem Zeitraum erzielen wollen.
- Errechnen Sie daraus – als Basis für Ihre Kalkulation – Ihre totalen Gesamtkosten (= echte Gesamtkosten + Ihr gewünschter Gewinn oder Ertrag).
Jetzt geht’s ans Gewinnsteuern
Mit diesen ermittelten Zahlen sind Sie jetzt in der Lage, Ihren Gewinn über Ihren Stundensatz beziehungsweise Zuschlagssatz aktiv zu steuern. Sie jetzt wissen exakt, wo Ihre Schmerzgrenzen sind. Und wo Sie möglicherweise mehr herausholen können als geplant.
Eine Beispielrechnung
Fluglinien beispielsweise betreiben aktives Revue Management. Theoretisch ist klar, was jeder Sitz auf dem Flug Frankfurt-New York kosten muss: Gesamtkosten + Gewinnzuschlag / durch Anzahl der Sitze = Preis des Flugtickets. Sagen wir 700 €.
Sind 300 Sitze im Flieger, wollen aber 400 Leute bei genau diesem Flug mitfliegen, wäre es betriebswirtschaftlich ungeschickt, dann nur den errechneten Preis von 700 € aufzurufen. Der ja immer noch Gewinn abwerfen würde.
Den Preis höher steuern
Nein, das Revue Management wird den Ticketpreis jetzt natürlich höher steuern. Nicht ins Unermessliche, aber so, dass die 300 Plätze zum bestmöglichen Preis losgeschlagen werden. Der Gewinn/Ertrag bei diesem Flug steigt.
Im umgekehrten Fall weiß die Fluglinie, welchen Preis sie unbedingt pro Sitz erzielen muss, um mit diesem Flug keine Verluste einzufliegen. Zur Not kann sie Ihre Gewinnspanne kleiner ausfallen lassen oder ganz darauf verzichten. Ohne Verluste zu machen, die Grundkosten sind ja zumindest gedeckt.
Wie wenden Sie das jetzt für Ihren Handwerksbetrieb an?
Sind Sie in einer guten Verhandlungspositionen können Sie Ihre geplante Gewinnspanne erhöhen (statt den errechneten Standardpreis aufzurufen).
Ist hingegen Ihr Kunde in einer besseren Position können Sie ruhig ein paar Prozentpunkte Ihres Gewinnaufschlags abgeben. Ihre Kosten sind ja immer noch gedeckt. Unter dem Strich können Sie so Ihre Gewinnquote besser verteidigen.
Und es geht noch besser:
Wenn Sie in Ihre laufenden betriebswirtschaftlichen Auswertungen (BWA) schauen, sehen Sie den absoluten Wert des Gewinns bzw. Ertrags.
Sind Sie damit im Plan? Oder gar weit darüber? Dann können Sie aktiv werden, um Ihren Absatzmarkt strategisch noch besser zu bearbeiten. Indem Sie jetzt mit einem geringeren Stundensatz bzw. Zuschlag arbeiten, der aber bitte aber immer noch über Ihren echten Gesamtkosten liegen sollte.
So können Sie zum Beispiel (durch bessere Preise als Ihre Mitbewerber) aktiv neue Kunden hinzugewinnen, mit dem Ziel, Ihre Marktposition weiter auszubauen und zu verbessern.
Mein Praxistipp für Sie:
Sehen Sie Ihre Preise als Werkzeug: Steuern Sie Ihre Gewinne und Erträge durch das Einführen und Verfolgen einer klaren Preis- und Umsatzstrategie. So steigern Sie nicht nur die Eigenkapitalausstattung und Wettbewerbsfähigkeit Ihres Betriebs. Sie sind dann auch in der Lage, Ihren Markt aktiv anzugehen, um neue Kunden zu gewinnen – ohne in die Verlustzone zu rutschen.
”Veränderung beginnt im Kopf des Unternehmers – nicht in den Bilanzen.
Olaf Marticke
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